Freitag, 26. Juni 2015

Keuchhusten: Cocooning Strategie gescheitert

Derzeit treten international so viele Fälle von Keuchhusten auf, wie schon seit langer Zeit nicht. In den USA muss man bis in die 50er Jahre zurück gehen, um auf ähnliche Zahlen zu kommen. In Großbritannien kommt man auf Fallzahlen wie zuletzt in der impffreien Zeit der 70er und 80er Jahre. 

Kind mit Keuchhusten (Foto: CDC)
Eine jetzt im Journal BMC-Medicine veröffentlichte Studie von Benjamin M. Althouse und Samuel V. Scarpino, zwei Wissenschaftlern des Santa Fe Institute in New Mexico untersuchte mehrere mögliche Erklärungen für diesen rasanten Anstieg:
  • Die Immunität nach Impfung verschwindet noch rascher als befürchtet. 
  • Die Impfrate ist gesunken 
  • Die Bakterien haben sich verändert, sind entweder mutiert - oder haben anderen Stämmen Platz gemacht, welche durch die Impfung nicht erfasst werden 
 Gesunken ist die Impfrate nicht. Auch die Auslöser der Krankheit scheinen sich nicht wesentlich verändert zu haben. Und dass die Immunität rascher als gedacht verschwindet, ist ein Faktum. Jugendliche, die seit dem Babyalter alle empfohlenen Keuchhusten-Impfungen erhalten haben, kommen kurz nach der letzten Impfung auf einen Spitzenwert von knapp über 70 Prozent Wirksamkeit, der binnen zwei bis vier Jahren auf eine Schutzraten von 34 Prozent abfällt. Dies ergab die Analyse von aktuellen Ausbrüchen in den USA. Doch dieses Phänomen allein kann die hohen Fallzahlen in vollständig geimpften Populationen nicht erklären.  

Am wahrscheinlichsten ist nach Ansicht der Studienautoren ein vierter Erklärungsansatz: Geimpfte mit aufrechtem Schutz erkranken zwar seltener, doch sie übertragen die Keuchhusten-Bakterien in einem Ausmaß, das man bisher nicht für möglich gehalten hatte.
Als Beleg nennen die Autoren eine Reihe von Beobachtungen, welche den Schluss nahe legen, dass die Ansteckungsgefahr heute vor allem von Geimpften ausgeht. Schuld daran seien die seit mehr als zehn Jahren verwendeten "azellulären" Impfstoffe, die offenbar deutlich schlechter wirken als ihre Vorgänger.
Die aktuellen Impfstoffe enthalten als Wirkstoff nicht mehr die abgetöteten Bakterien, so wie die alten "Ganzzell-Impfstoffe", sondern nur noch Teile der Oberfläche der Keuchhusten-Bakterien.
Der Wechsel war notwendig geworden, weil die alten Impfstoffe im Verdacht schwerer Nebenwirkungen - wie etwa Gehirnentzündungen - standen. Sie wurden in mehreren Ländern Europas vom Markt genommen, bzw. die Impfempfehlungen ausgesetzt. In Deutschland war die Keuchhusten-Impfung beispielsweise 17 Jahre lang nicht empfohlen. Die modernen azellulären Impfstoffe gelten als verträglicher, doch offenbar sind sie auch weniger wirksam.

Die Wissenschaftler zeigten in ihrer Arbeit unter anderem, dass wir uns seit dem Wechsel der Impfstoffe wieder dem Muster annähern, wie Keuchhusten in der Vor-Impf-Ära aufgetreten ist. Etwa alle vier Jahre zog damals - und zieht auch heute wieder - eine Keuchhusten-Welle durch.

Auch die Cocooning-Strategie (Impfung des Umfeldes: Eltern, Geschwister,…) z.B. zum Schutz ungeimpfter Kinder, Neugeborener, etc. ist - wie die Autoren schreiben - "vielfach gescheitert".

Die Wissenschaftler setzen ihre Hoffnung nun auf neue bessere Impfstoffe. Inzwischen, schlagen sie vor, könnte man - zumindest für die erste Impfdosis - wieder zu den alten Ganzzell-Impfstoffen zurück kehren.
Für impfkritische Eltern wird - angesichts dieser Informationen – die Möglichkeit attraktiver ganz auf die Keuchhusten-Impfung zu verzichten.

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