Mittwoch, 13. Juli 2011

Zum Verlauf der FSME bei Kindern

Es gibt recht wenig Informationen darüber, wie sich von Zecken übertragene Infektionen mit dem FSME-Virus bei Kindern auswirken, wie häufig diese Infekte sind und was im Ernstfall geschehen kann. Deshalb stelle ich hier eine gut gemachte Arbeit zu diesem Thema etwas genauer vor.




Die Steiermark hat 1,1 Mio. Einwohner und ist jenes österreichische Bundesland das traditionell am stärksten von der FSME betroffen ist.
Erstautor der Arbeit ist Peter Fritsch von der Meduni Graz. (Quelle: Acta Pædiatrica 2008; 97: 535–538)
Die Analyse schloss alle steirischen Kinder im Alter unter 16 Jahren ein, die während der Jahre 1981 bis inclusive 2005 an einer Labor-bestätigten FSME-Virus-Infektion erkrankt waren.

Da in der Anfangsphase der 80er Jahre noch keine Impfung zur Verfügung stand, bzw. noch die meisten Steirer ungeimpft waren, gab es hier die meisten FSME-Fälle: Rekord waren 21 Fälle pro Jahr, in einigen Jahren gab es aber auch gar keine FSME Fälle bei Kindern.

Insgesamt traten in der Steiermark in diesen 25 Jahren 116 Fälle von FSME bei Kindern auf, das sind knapp fünf Fälle pro Jahr.

Insgesamt mussten 6 dieser Kinder für etwa eine Woche in die Intensivstation aufgenommen werden.

Nach einer Aufenthaltsdauer von durchschnittlich 17 Tagen wurden fast alle Kinder gesund entlassen.

Nur bei zwei Kindern traten noch über einen längeren Zeitraum Probleme auf: Das eine erkrankte im Alter von 7 Jahren an FSME und hatte über einen Zeitraum von weiteren 7 Jahren immer wieder epileptische Anfälle. Die Anti-epileptische Therapie konnte dann im Alter von 19 Jahren eingestellt werden.

Das zweite Kind, ein fünfjähriges Mädchen, erkrankte am schwersten an FSME, brauchte eine lange Neuro-Rehabilitation und ist bis heute halbseitig gelähmt.

Insgesamt waren von den 116 Patienten 112 vollkommen ungeimpft. Zwei Kinder hatten eine Impf-Dosis, ein Patient zwei, und ein Patient die komplette Basis-Immunisierung mit drei Impfdosen.

Damit erkennt man, dass die FSME-Impfung sehr gut vor dem Auftreten dieser von den Zecken übertragenen viralen Infektion schützt.

Ausgerechnet der eine schwere Fall des fünfjährigen Mädchens, das bis heute Folgeprobleme hat, war jedoch das Kind mit der vollständigen Impf-Serie. Die Autoren der steirischen Studie nahmen an, dass der schwere Verlauf genetisch bedingt war, und das Mädchen an einer höheren Empfänglichkeit gegen diese Viren litt.

Zusammen fassend kann man aus der Studie also die Botschaft mitnehmen, dass:

  • Kinder unter 16 Jahren sehr selten an FSME erkranken
  • Dass die FSME-Impfung dieses geringe Risiko noch deutlich reduziert
  • Dass Kinder, die auf Grund eines Zeckenstichs an FSME erkranken, normalerweise keine Folgeschäden zurück behalten
  • Dass in den extrem seltenen Fällen, wo so etwas trotzdem passiert auch eine Impfung keinen sicheren Schutz bietet



Eine FSME ist bei Kindern meist nur eine FSM

Kinder erkranken meist nicht an einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), sondern "nur" an Meningitis. Die Patienten zeigen in dieser Krankheitsphase Fieber über 38°C, eine starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens sowie Kopfschmerzen, Erbrechen und Nackensteifigkeit.

Dass die FSME bei Erwachsenen eine schlechtere Prognose hat, liegt daran, dass die deutlich gefährlichere Meningoenzephalits mit zunehmendem Alter immer häufiger wird: Von 5% bei Kindern bis zu 60% bei älteren Menschen.
Klinisch zeigen diese tatsächlichen FSME-Patienten meist schon bei der stationären Aufnahme enzephalitische Symptome. Dabei werden am häufigsten Somnolenz sowie Verhaltens- und Wesensveränderungen beobachtet. Weitere Symptome sind Krampfanfälle, Lähmungen von Hirnnerven und/oder Extremitäten.



Zur Situation bei Babys im ersten Lebensjahr

Werner Zenz, Professor an der Kinderklinik der Meduni Graz erinnert sich an einen Fall eines Babys aus dem Jahr 1990, wo ein 3,5 Monate altes Kind an FSME erkrankt ist. Das war der damals weltweit einzige Fall bei einem Kind jünger als 12 Monate.
Fieber dauerte 6 Tage, die Krankheit insgesamt 18 Tage, wurde in der letzten Phase allerdings durch eine andere Erkältungsvirus-Infektion verlängert.

Das Baby war bei den Kontrollbesuchen im Krankenhaus vollständig ausgeheilt und gesund.

Ich fragte Prof. Zenz, ab wann er die Impfung empfiehlt. Seine Antwort:
"Ich empfehle ein Vorgehen nach dem Impfplan: Impfung aller Kinder ab dem 1. Lebensjahr, die in ein Risikogebiet reisen oder sich dort aufhalten"

Und ich füge noch hinzu: Für jene, die ihre Kinder nicht oder erst später gegen FSME impfen wollen, ergibt sich aus der steirischen Untersuchung immerhin die Gewissheit, dass bleibende Schäden zum einen extrem selten sind und zum zweiten auch durch eine Impfung nicht vollständig ausgeschlossen werden können.

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