Freitag, 30. Juli 2010

Gesund bis der Arzt kommt…

…so könnte auch dieser Beitrag des "Report München" heißen, der das Hauptthema meines aktuellen Buches sehr gut transportiert. Lustig fand ich - ganz am Ende des Beitrages - wie es dem Sprecher der Lipidliga die Sprache verschlagen hat, als er von der Redakteurin gefragt wurde, ob sein Verein ohne die Unterstützung der Industrie überhaupt lebensfähig wäre.

Dienstag, 20. Juli 2010

Lebenslange antivirale Therapie für Babies?

Vergangene Woche habe ich für die aktuelle Ausgabe des Magazin "Thema" einen Beitrag über drei Familien gestaltet, die mit der Diagnose "HIV-positiv" leben müssen.

In der ORF Media-Thek kann der Beitrag (eine Woche lang) abgerufen werden werden:

ORF TVthek: Thema - 19.07.2010 21:05 Uhr

Foto: Seebald

Sonntag, 11. Juli 2010

"Unser Selbstbewusstsein ist schlecht!"

Der Grazer Hausarzt Michael Wendler warnt vor dem Niedergang der Allgemeinmedizin in Österreich und fordert eine praxisnahe Ausbildung.

Profil: Wie steht es denn derzeit um den Nachwuchs bei den künftigen Hausärzten?

Wendler: Die Universitäten bildet recht gut aus – doch was dann folgt ist die gähnende Leere. Immer öfter gehen die Jungärzte ins Ausland. Ich hab grad eine Umfrage gemacht bei den Studenten in meinem Seminar. Die überlegen gar nicht mehr da zu bleiben, sondern nur noch, ob sie jetzt besser nach Dänemark oder nach Deutschland gehen. Wir haben hier völlig den Anschluss verloren.


Michael Wendler (rechts) mit drei Jungärzten, die er in seiner Lehrpraxis ausgebildet hat (Foto: Blahowsky)

Profil: Sie unterrichten Studenten, das ist ja auch unüblich für einen Allgemeinmediziner.


Wendler: Ja, aber nur in Österreich. Wir sind eine Arbeitsgruppe von Allgemeinmedizinern, die Lehraufträge an der Uni machen. Das ist im Ausland komplett selbstverständlich. In der EU werden die Jungärzte in  Lehrpraxen ausgebildet. Nur in Österreich ist man nach dem Turnus im Spital automatisch Allgemeinmediziner, viele davon ohne nur ein einziges Mal in einer Praxis gearbeitet zu haben.

Profil: Was macht denn einen guten Hausarzt aus?

Wendler: Man muss lernen, auch mit wenigen Hilfsmitteln zurecht zu kommen und die vielen Befindlichkeitsstörungen, die in der Bevölkerung vorkommen, gut zu betreuen. Da gehört eine Menge Erfahrung dazu. Etwa das Wissen, dass ich nicht immer im ersten Moment handeln muss. Dass ich auch mal bis zum nächsten oder übernächsten Tag warten kann, wie etwas verläuft und dann erst eine Entscheidung treffe. Wenn ich das nicht vorher erlebt habe, komme ich als junger Arzt oder Ärztin hinaus und bin gewohnt, dass ich – so wie in einer Spitalsambulanz, ständig Entscheidungen treffe. Das führt aber – auf Grund der mangelnden technischen Ausstattung, die in den Praxen nicht jeder haben kann – sofort dazu, dass Überweisungen geschrieben werden.

Profil: Das heißt, gut ausgebildete Praktiker helfen Geld sparen?

Wendler: Ja klar. Denn in einer hochtechnisierten Ambulanz wird dann drauflos diagnostiziert. Ich krieg solche Patienten zurück mit 30 bis 40 Laborwerten und mindestens einer Bildgebung – und dann wird das kostenintensiv.

Profil: Hapert es an der Anamnese, am Erfassen der Krankengeschichte?

Wendler: Im Spital lernen sie, eine korrekte Anamnese zu machen, das bedeutet aber noch lange nicht, dass das eine gute Anamnese ist. Da wird alles aufgelistet, was notwendig ist zu erfragen, aber sie ziehen daraus nicht die vernetzten Schlüsse. Eine gute Anamnese ist immer bio-psycho-sozial. Das Kopfweh aus Maturastress ist halt was anderes als wenn ich nur frage, wo und wann das Kopfweh auftritt und wie lange es dauert.

Profil: Es braucht also die Erfahrung der Alltäglichkeit und des sozialen Umfeldes?

Wendler: Ja. Wir sind keine Götter in Weiß – wir sind Lebensbegleiter. Und wenn ich meine Rolle so anlege, dann kann ich auch bei einem unheilbar Kranken zu einem Ziel zu kommen. Der Anspruch ist geringer und trotzdem der Erfolg oft recht schön.

Profil: Wie sehen Sie denn das Ansehen der Praktiker, im Vergleich etwa zu den Fachärzten?

Wendler: Bei unseren Patienten haben wir ein sehr hohes Ansehen. Im weiten Land der Medizin gilt das leider nicht. Wobei ich mir das immer so erkläre, dass die Fachärzte, und noch mehr die Spitalsärzte, gar nicht wissen, was wir überhaupt tun. Wir werden an der Uni von Professoren ausgebildet, die von Professoren gelernt haben, die wiederum von Professoren gelernt haben. Wir müssen endlich mal das an die Unis bringen und lehren, was die Ärzte später draußen in der Praxis auch wirklich brauchen.

Profil: Woran liegt denn das weit verbreitete diffuse Unbehagen vieler Hausärzte, dass sie ein Patient anzeigen könnte, wenn mal etwas schief geht. Kann man mit solchen Angstgefühlen überhaupt gute Medizin machen?

Wendler: Wir wissen, dass unser Selbstbewusstsein schlecht ist. Das liegt daran, dass wir keine wirkliche Verankerung an den Unis haben. Wir bräuchten aber diese Akademisierung, um den anderen Fächern klar zu machen, dass wir sehr wohl nach gut untersuchten Methoden vorgehen. Und dann kann man uns auch nicht mehr nach Strich und Punkt und Laborwert verurteilen. Das Gefühl, dass wir gut sind und gute Arbeit leisten ist bei vielen Ärzten draußen derzeit gar nicht da.



Dr. Michael Wendler, 53, ist Allgemeinmediziner in Graz und bildet in seiner Praxis regelmäßig Jungärzte aus. Bislang haben 26 Turnusärzte bei ihm eine mehrmonatige Lehrpraxis absolviert. Wendler hält Vorlesungen zur Allgemeinmedizin an der Meduni Graz und gilt als einer der Motoren der Ausbildungsreform seines Berufsstandes.


Dieses Interview erschien im Rahmen der aktuellen Titelstory des Nachrichtenmagazins Profil zum Thema "Wie gut ist Ihr Hausarzt?"