Mittwoch, 26. Mai 2010

Heute "hart aber fair" zur Krebsvorsorge

Ich bin heute Studiogast von Frank Plasberg in der WDR-Talkshow "hart aber fair", die um 21,45 im Ersten läuft. Die Sendung behandelt das Thema "Durchgecheckt und abkassiert - Was bringt die medizinische Vorsorge?"

Gäste sind der ehemalige Handballstar Michael Roth, der - so wie sein Zwillingsbruder Uli – an Prostatakrebs  erkrankt ist und seine Erfahrungen in einem Buch verarbeitet hat. Roth ruft nun alle Männer ab 40 Jahren vehement zur Früherkennung mittels PSA-Tests auf. Die Schauspielerin Marion Kracht berichtet über ihr persönliches, angeblich recht ambivalentes Verhältnis zu Vorsorge-Untersuchungen. Otmar Wiestler ist Leiter des Deutschen Krebsforschungszentrums und ein Befürworter von Früherkennung - sogar mittels Gentests. Auf der Kritikerseite tritt der Facharzt Peter Sawicki auf, Leiter des Intituts für Qualtiät und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), von dem hier im Blog schon mehrfach die Rede war - etwa in Bezug auf seine von Politik und Pharmaindustrie betriebene Ablöse als IQWiG-Chef. Als weiterer Vorsorge-Kritiker steige ich in den Talkshow Ring. Ich bin gespannt, wie es wird.

Dienstag, 25. Mai 2010

Diabetes Gesellschaft droht mit rechtlichen Schritten

Nach scheinbar wirklich reiflicher Überlegung langte kürzlich in der Redaktion des Nachrichtenmagazins Profil eine vier Seiten lange Stellungnahme der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) zu meiner Coverstory vom April "Wenn Ärzte krank machen - Die absurden Folgen des Gesundheitswahns" ein.
Adressiert ist das Schreiben an Christian Rainer, Chefredakteur des Profil, unterzeichnet vom Präsidenten der ÖDG, Raimund Weitgasser, sowie deren Erstem Sekretär Bernhard Paulweber.

Der Vorstand der ÖDG übt generelle Kritik an meinem Artikel, der zum Anlass der Veröffentlichung meines aktuellen Buches "Gesund bis der Arzt kommt - Ein Handbuch zur Selbstverteidigung" erschienen ist. (In einem Info-Kasten am Ende des Artikels wird auch konkret auf das Buch hingewiesen.) Dieser Zusammenhang wird von der ÖDG in ihrem Schreiben schonungslos aufgedeckt:
Es ist dem ÖDG Vorstand auch nicht entgangen, dass der Artikel von Herrn Ehgartner als versteckte Werbung für dessen neu erschienenes Buch dienen könnte. Herr Ehgartner, der marktwirtschaftliches Denken bei der Pharmaindustrie heftig kritisiert, bedient sich somit auch eines marktwirtschaftlichen Instrumentes und es wird ihn vermutlich auch in keiner Weise stören, wenn dadurch die Verkaufszahlen seines Buches steigen werden.

Neben derart subtilen Argumenten geht der ÖDG-Vorstand in einigen Punkten näher auf meinen Artikel ein.
Im Absatz "Überschuss" stellt Herr Ehgartner fest "ein erhöhter Zuckerwert zeigt jedenfalls an, dass mehr Zucker über die Nahrung zugeführt wird, als der Organismus benötigt. Wenn dieser über Medikamente oder von außen zugeführtes Insulin 'verwertet' wird, so geschieht dies gegen die ursprüngliche Absicht der Stoffwechselregulatoren". Diese Aussage ist wissenschaftlich falsch. … Eine Erhöhung des Blutzuckers ist Folge einer Unfähigkeit der Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse genügend Insulin bereitzustellen, um die bei Typ 2 Diabetikern meist bestehende Insulinresistenz zu durchbrechen. Eine große Rolle in der Entstehung eines erhöhten Blutzuckers spielt eine fehlende Hemmung einer gesteigerten Blutzuckerausschüttung durch die Leber, die auch im Nüchternzustand erfolgen kann.

Ein erhöhter Blutzuckerwert zeigt also nicht an, dass mehr Zucker zugeführt wird als der Organismus benötigt?
Vielmehr entsteht Diabetes durch eine enthemmte Leber, die den Organismus willkürlich mit Blutzucker flutet?
Und hier liegt auch die tiefere Ursache für die Insulinresistenz?

Die Hauptschuld am Diabetes trägt also die Leber. Wie aber kann sich der betroffene Mensch gegen die Entgleisung seines Organs wehren?
Hier gibt es Chancen, gesteht die ÖDG zu:
Im Frühstadium der Erkrankung ist es oft noch möglich, durch entsprechende Lebensstilmaßnahmen (…) eine Normalisierung oder zumindest eine starke Verbesserung der Stoffwechselkontrolle zu erreichen. 

Die Skepsis gegen solche Lebensstil-Modifikation ist den ÖDG-Experten jedoch durchaus anzumerken:
Wenn sie langfristig Erfolg haben soll, ist die Lebensstiltherapie aber sehr aufwendig und kostenintensiv und wird derzeit auch noch nicht von den Kostenträgern finanziell unterstützt."

Ganz im Gegensatz zur medikamentösen Therapie. Deshalb, schreiben die Diabetes Experten…
…ist es nötig, zunächst orale Medikamente einzusetzen, um die Stoffwechselkontrolle zu verbessern. Nach langjährigem Verlauf der Erkrankung (meist nach deutlich mehr als 10 Jahren) kommt es leider oft trotz aller therapeutischen Bemühungen zu einem völligen Versagen der Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, sodass die Gabe von Insulin oft nötig wird, um akute Stoffwechselentgleisungen zu verhindern.

Als nächstes nehmen die Spitzen der Diabeteslehre den in meinem Artikel zitierten Präsident des Österreichischen Hausärzteverbandes, Christian Euler ins Visier. Euler hatte gesagt: "Stellen Sie sich einen Gesundheitspolitiker vor, der sagt: 'Für einen Typ-2-Diabetiker brauchen wir eigentlich keine Medikamente, sondern vor allem Disziplin'. Es gibt gute Argumente für so eine Sichtweise. Aber den Mut, das öffentlich zu sagen, bringt niemand auf."

Gut findet die ÖDG dieses Argument ganz und gar nicht:
Diese Aussage stellt nicht nur eine Beleidigung vieler Patienten mit Typ-2-Diabetes dar, die sich redlich bemühen, eine nachhaltige Lebensstiländerung zu vollziehen, sondern sie ist auch … falsch. Sicher ist richtig, dass es eine weltweite Zunahme des Typ 2 Diabetes gibt, die Folge eines starken Ansteigens der Prävalenz von Übergewicht und Adipositas ist, die sich aus ungünstigen Lebensgewohnheiten ergibt. … Aber diese Tatsache hilft jenen Patienten nicht, die von der Erkrankung bereits heute betroffen sind.

Die Aussage ist also falsch, bzw. richtig, bzw. hilft das den Patienten nicht.

Nun wendet sich die Argumentation der ÖDG wieder gegen den Artikelschreiber selbst:
Weiters stellt Herr Ehgartner fest: "Tatsächlich erwies sich die gebetsmühlenartig wiederholte Botschaft, dass es für die Gesundheit der Diabetiker am wichtigsten sei, wenn sie 'gut eingestellt' werden, immer deutlicher als Werbebotschaft der Industrie. Eine ganze Reihe von Studien zeigte nämlich, dass bei besonders gut eingestellten Diabetikern mit zu niedrigen Zielwerten das Risiko der Unterzuckerung ansteigt, was deren Sterbe- und Demenzrisiko dramatisch erhöht." … Diese Aussage stellt eine starke Verzerrung und Verkürzung der Ergebnisse der angesprochenen klinischen Studien dar.

Besonders sauer stößt es den ÖDG-Spitzen auf, dass sich mit dem Thomas Pieber von der Meduni Graz nun im Artikel auch noch ein ausgewiesener Diabetes Fachmann mit folgender Bemerkung einmischt: "Die Ärzte haben als Advokaten ihrer Patienten versagt. Sie hätten warnen und hinterfragen müssen - und nicht alles willfährig übernehmen, was ihnen von der Industrie vorgelegt wird."

Dies wird folgendermaßen "widerlegt":
Es ist wahr, dass in 3 rezenten Studien bei Patienten mit langjähriger Diabetesdauer und bereits vorhandenen Folgeschäden, durch eine stärkere Blutzuckersenkung keine Verbesserung des makrovaskulären Risikos (=Risikos für Herzinfarkt und Schlaganfall) erzielt werden konnte. In einer der Studien (ACCORD) wiesen Patienten mit stärkerer Blutzuckersenkung sogar eine etwas erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit auf. In allen drei Studien zeigte sich allerdings, dass Patienten mit kurzer Diabetesdauer und noch nicht vorhandenen Komplikationen sehr wohl von der besseren Blutzuckereinstellung profitierten.

Jene Patienten, die noch keine Komplikationen hatten, haben also profitiert. Indem sie trotz der "besseren Blutzuckereinstellung" auch keine Komplikationen entwickelten? Das wäre ein recht bescheidener Erfolgsnachweis.

Egal. Jedenfalls sei es nicht hinnehmbar, wenn sich plötzlich Journalisten in die wissenschaftlichen Auslegungen der Diabetes-Gesellschaften einmischen. Wo kämen wir denn da hin?
Die von Herrn Ehgartner kritisierte kontinuierliche Absenkung der Therapiezielwerte in der Behandlung dieser Risikofaktoren basiert auf einer großen Zahl von gut angelegten und durchgeführten randomisierten Studien, die zu diesen Fragestellungen in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführt worden sind. Die von Herrn Ehgartner vorgeschlagene Ignorierung dieser wertvollen Daten, würde einen medizinischen Rückschritt ungeahnten Ausmaßes bedeuten, der die Medizin auf jenen Wissenstand zurückwerfen würde, den wir etwa in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatten.

Aber aber, meine Herren. Es ging mir doch gar nicht darum, diese Studien zu ignorieren und uns damit zurück ins finstere 20. Jahrhundert zu katapultieren. Es ging mir darum, jene Seite der Diabetes-Lehre zu Wort kommen zu lassen, die fordert, endlich die Konsequenzen aus den wissenschaftlichen Arbeiten der letzten Jahrzehnte zu ziehen. Auf internationaler Ebene geht die wissenschaftliche Diskussion immer mehr in Richtung einer Umkehr des Dogmas einer "besonders guten Einstellung" der Zielwerte nach dem Vorbild von Gesunden.
Eben deshalb, weil sich gezeigt hat, dass mit zu niedrig angesetzten Zielwerten das Risiko einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) stark ansteigt, was vermehrte Todesfälle und ein höheres Demenzrisiko zur Folge hat.

Im Schlussabsatz ihres Schreibens sorgen sich die Vorstände der Diabetes-Gesellschaft sehr, dass solche Artikel bei den Lesern "zu einer massiver Verunsicherung, wenn nicht sogar zu Therapieänderungen (bis hin zum Absetzen von notwendigen Medikamenten) führen".
Und hier ist nunmehr endgültig die Geduld der ÖDG am Ende:
Sollten wir in konkreten Fällen davon erfahren, dass sich derartige ungünstige Konsequenzen für unsere Patienten aus diesem Artikel ergeben haben, können wir nicht ausschließen, dass entsprechende rechtliche Schritte gegen den Autor unternommen werden müssten.


Falls ein österreichischer Diabetiker ins diabetische Koma fällt und gleichzeitig eine Ausgabe des Magazins Profil in dessen Wohnung gefunden wird, könnte es also juristisch brisant für mich werden.
Bleibt die Frage, ob ich damit im Gegenzug auch moralisch verpflichtet wäre, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen die Österreichische Diabetes Gesellschaft zu erstatten, falls jemand in Folge eines zu optimistisch dosierten Diabetes-Medikamentes in den Unterzucker abgleitet.

Es stehen jedenfalls recht unruhige Zeiten bevor.

Mittwoch, 12. Mai 2010

Arzneimittelwerbung vom Feinsten

Diesen Videolink habe ich bei den netten Kollegen der Stationären Aufnahme gefunden.
Und man sieht, wie gut die Werbung wirkt.
Oder denken Sie, man könnte sich andernfalls problemlos einen Wirkstoff namens
Paracetamoxyfrusebendroneomycin merken? - Man kann!

Dienstag, 11. Mai 2010

Böse Rotavirus-Überraschungen

Rotaviren lösen Durchfall aus und führen speziell in Entwicklungsländern zu gefährlichen Krankheits-Verläufen. Seit vier Jahren werden mit Rotarix und RotaTeq zwei Schluckimpfungen für Babys angeboten.

Ende März sorgte eine Entscheidung der  US-Amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA für Aufregung. Sie setzte die Zulassung des Rotavirus-Impfstoffs Rotarix aus, weil bei einer genauen Analyse des Impfstoffes fest gestellt wurde, dass darin Erbsubstanz von Schweineviren (Circovirus PCV-1) enthalten ist.
Rotarix wird vom europäischen Konzern GlaxoSmithKline (GSK) hergestellt. Wie die Kontamination passierte, ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass die Schweineviren bereits in den Zellkulturen enthalten waren, die für die Impfstoff-Entwicklung verwendet worden sind. Unbekannt ist außerdem, ob die virale Erbsubstanz im Impfstoff vermehrungsfähig ist, oder ob es sich dabei bloß um Bruchstücke handelt.
Im Gegensatz zu den US-Behörden sah die europäische Arzneimittelagentur EMEA keine Ursache, den Impfstoff vom Markt zu nehmen. Dies wurde in einer Aussendung vom 26. März unter anderem damit begründet, dass die PCV-1 Viren – soweit bislang bekannt – weder bei den Schweinen noch beim Menschen irgendwelche Erkrankungen auslösen.

Ganz anders verhält es sich hingegen mit den nahe verwandten Viren des Typs PCV-2, die bei Schweinen in die Entstehung von gleich drei Krankheiten verwickelt sind. Dabei handelt es sich um:

  • "Post Weaning Multisystemic Wasting Syndrome" (PMWS). Bei dieser Krankheit sind die Jungschweine nach dem Absetzen immungeschwächt, sie leiden an Durchfall, kümmern und haben geschwollene Lymphknoten. Bei akuten Ausbrüchen sterben bis zu zehn Prozent der Tiere. 
  • "Porcine Dermatitits and Nephropathy Syndrome" (PDNS) tritt bei etwas älteren Mastschweinen auf. Die Tiere leiden dabei an auffälligen Blutungen der Haut, sie sind teilnahmslos, fressen lustlos und haben Fieber. Bis zu 80 Prozent der akut erkrankten Tiere sterben.
  • "Porcine Proliferative and Necrotizing Pneumonia" (PNP) wurde erstmals 1990 bei Jungschweinen in Kanada mit den PCV-2 Viren assoziiert. In einer Untersuchung an mehr als 3000 Schweinen wurden die Viren in 22 Prozent der Fälle als Auslöser der Lungenentzündung identifziert. Die Sterblichkeit wird mit fünf bis 20 Prozent angegeben.

PCV-2 Viren sind weltweit stark verbreitet. Sie werden über Mist, Sekrete, Urin und Sperma ausgeschieden und können damit direkt übertragen werden. Infizierte Tiere müssen jedoch nicht erkranken. Als Risikofaktoren für den Ausbruch gelten Co-Infektionen sowie Stress.

Doch Moment. – Warum erzähle ich dies eigentlich so detailliert, wo doch in Rotarix keine Viren vom Typ PCV-2, sondern deren als ungefährlich eingeschätzte Virenschwestern PCV-1 gefunden wurden?

Die Antwort ist höchst originell.

Nachdem die FDA mit Rotarix einen der beiden verfügbaren Rotavirus-Impfstoffe aus den USA verbannt hatte, lag es nahe, auch beim nunmehrigen Monopol-Impfstoff RotaTeq – einem Produkt des US-Konzerns Merck – nach etwaigen blinden Passagieren im Impfstoff-Gemisch zu fahnden. In einer Aussendung vom 6. Mai teilt die US-Behörde nun mit, dass auch das Merck-Produkt PCV-1 Viren-DNA enthält. Aber nicht nur das, hier fand sich außerdem noch Erbsubstanz der - zumindest bei Schweinen - bekannt problematischen PCV-2 Viren.

Dies stellt die FDA nun vor ein Dilemma. Denn wenn sie dieselben strengen Maßstäbe anlegen würde, wie im März bei Rotarix, gäbe es in den USA gar keinen Impfstoff mehr gegen Rotaviren.
Dies ging den behördlichen Virenjägern wohl zu weit. Zumindest ist bisher noch nichts von einem Bannspruch gegen RotaTeq zu vernehmen.
Und das, obwohl die Belege gegen diesen Impfstoff wohl wesentlich schwerer wiegen, als jene gegen das europäische Konkurrenzprodukt.

Will sich die FDA nicht vorhalten lassen, dass sie einheimische Produzenten bevorzugt, schreibt das deutsche Ärzteblatt, so "steht zu erwarten, dass die Suspendierung von Rotarix aufgehoben wird."

Womit dann ja wieder alles in Ordnung wäre.

Foto: Sanofi Pasteur MSD

Mittwoch, 5. Mai 2010

Was machen die Pneumokokken in der Lunge?

In Deutschland wird die Pneumokokken-Impfung als Gratisleistung für alle Kinder angeboten. In Österreich wird sie - trotz seit langem aufrechter Impfempfehlung des Impfausschusses - nur für „Risikokinder“ bezahlt. Immer wütender tragen Impfexperten die Forderung an die Öffentlichkeit, diese „Ungerechtigkeit“ doch endlich zu beseitigen - und der „beschämenden Zwei-Klassen-Medizin“ ein Ende zu machen. Impfexperte Herwig Kollaritsch „muss fast in Tränen ausbrechen“, wenn er an die österreichische Impfpraxis denkt: „Wir sind das letzte Land in der EU, in der es keine allgemeine Pneumokokken-Impfung gibt.“

In meinem letzten Beitrag habe ich die beiden neuen Pneumokokken-Impfstoffe Synflorix und Prevenar 13 vorgestellt. Synflorix darf bei Kindern bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr zur aktiven Immunisierung gegen invasive Erkrankungen (z.B: Meningitis, Sepsis) und Mittelohrentzündungen eingesetzt werden. Prevenar 13 ist bis zum Alter von fünf Jahren zugelassen und enthält drei Serotypen mehr. Sein Einsatzgebiet umfasst zusätzlich Schutz vor Pneumokokken-bedingter Pneumonie.

Nun möchte ich mich der Frage widmen, ob der Nutzen der Impfungen tatsächlich so gesichert ist, wie die Experten das öffentlich darstellen.

Klar ist, dass die Impfungen durchaus eine Wirkung haben. Bei Geimpften gehen Infektionen mit den in der Impfung enthaltenen Serotypen generell stark zurück. Das Immunsystem wird also gegen einen Teil der insgesamt rund 90 verschiedenen Pneumokokken-Serotypen scharf gemacht und verhindert deren Vordringen in Regionen, wo sie an Krankheiten beteiligt sind.

Wie zahlreiche Studien zeigen, nehmen die Infektionen mit anderen, nicht in der Impfung enthaltenen Serotypen allerdings beständig zu. Einige Arbeiten belegen sogar, dass damit insgesamt jetzt mehr invasive Pneumokokken-Erkrankungen auftreten als vor Einführung der Impfung.
Dieses Phänomen des Serotyp-Replacement war auch der unmittelbare Anlass, die neuen Impfstoffe einzuführen. Wirken diese doch nicht mehr gegen bloß 7 Pneumokokken-Typen, sondern gegen zehn, bzw. 13 Serotypen.

Warum aber findet dieses Replacement überhaupt statt? Warum finden wir plötzlich Pneumokokken im Gehirn, in der Lunge oder im entzündeten Mittelohr, die vor Einführung der Impfungen dort selten bis überhaupt nicht angetroffen wurden?

Sind diese Bakterien-Typen nun plötzlich aggressiver geworden?
Oder nehmen sie bloß ein Angebot wahr? Dringen also auf einen Platz vor, der vom Immunsystem zur Besiedlung frei gegeben ist, bzw. nicht ausreichend bewacht wird?

Welche Rolle spielen die Bakterien überhaupt in diesem Zusammenhang?

Handelt es sich bei den Pneumokokken wirklich um die Erreger einer Krankheit, die ohne deren Beteiligung nicht entstanden wäre?
Handeln Pneumokokken also so ähnlich wie Insekten, die eine Frucht anstechen und Ihre Eier dort rein legen, um ihren Larven Nahrung zu verschaffen.
Falls dem so wäre, stellt sich gleich wieder die Anschlussfrage, warum die Pneumokokken das nicht jedesmal tun. Warum befallen sie nicht jedesmal die Lungen, wenn sie in einem Organismus auftauchen? Immerhin siedeln Pneumokokken bei etwa einem Drittel aller gesunden Kinder als normale Bestandteile des bakteriellen Milieus an den Schleimhäuten des Hals-Nasen-Rachen-Raums.

Könnte es sein, dass Pneumokokken-Infektionen nur bei einer vorhandenen Organschädigung auftreten?
So ähnlich, wie sich die eben gerade zufällig anwesenden Insekten auf einen aufgeplatzten reifen Pfirsich setzen.

Das würde in der Praxis bedeuten, dass zuerst die Organschädigung ist und in der Folge irgend eine der ständig anwesenden Viren oder Bakterien-Arten diese Schwäche ausnützt.
Das wäre eine Erklärung für das Replacement: Wenn das Immunsystem gegen bestimmte Serotypen scharf gemacht wird, gehen eben die anderen in die Lunge.

Möglicherweise hat das sogar irgend eine biologische Ursache, die aus evolutionärer Sichtweise sinnvoll ist, uns aber bislang verborgen geblieben ist.
Vielleicht werden die Keime dazu benötigt, über eine kräftige Entzündung die zelluläre Erneuerung des Organs zu fördern. Gnadenlos und moralfrei wie die Natur handelt, möchte sie vielleicht ein gesundes wiederhergestelltes Individuum, dessen Organschwäche über das Recycling der beschädigten Zellen vollständig behoben ist - und geht dabei bewusst das Risiko ein, dass das betroffene Lebewesen diese radikale Reparatur nicht überlebt.

Welche Antworten geben die Experten auf diese Fragen?
Mir sind keine bekannt.
Auch in den Studien wird meist nur damit argumentiert, dass die Impfungen allein deshalb schon ihren Zweck erfüllen, weil sie die Häufigkeit der invasiven Pneumokokken-Erkrankungen reduzieren. Zumindest jene, vor denen die Impfung schützt.
Wenn es nun technologisch gelänge irgendwann gegen alle 90 Pneumokokken-Serotypen in einer einzigen Impfung zu schützen, so würde das folgerichtig das Ende der Pneumokokken-assoziierten Krankheiten bedeuten - weil ja dann kein Serotyp-Replacement mehr möglich wäre. Soweit das Endziel dieser Strategie.

Aber vielleicht gibt es ja das Replacement Phänomen nicht nur innerhalb der Spezies der Pneumokokken, sondern ganz allgemein. Das wäre nicht unwahrscheinlich.
So wie ja nicht nur Fruchtfliegen an den reifen Früchten naschen, sondern auch Wespen und viele andere Insekten.

Es wäre also nicht nur nötig, zum Beleg des Nutzens der Impfung die Gesamtzahl der invasiven Pneumokokken-Krankheiten zu zählen und auszuwerten, sondern alle kindlichen oder adulten Gehirnhautentzündungen, Infektionen des Blutes (Sepsis), Pneumonien - auch jene mit viralen Auslösern - mit in die Rechnung aufzunehmen.

Erst wenn die Gesamtzahl der Erkrankungen zurück geht, ließe sich ein Mehrwert durch die Pneumokokken-Impfung behaupten.

Und das auch nur dann, wenn gleichzeitig seriös gemessen würde, wie stark der Effekt der unerwünschten Nebenwirkungen der Impfung ist. Das wurde bislang nur schlampig und oberflächlich gemessen, so als handle es sich bei Impfungen um eine vollständig ungefährliche Maßnahme.

Jede Impfung verstärkt aber erwiesenermaßen das Aggressions-Potenzial des Immunsystems. Die Pneumokokken-Impfung hat den Zweck, das Immunsystem gegen einen Teil der eigenen Bakterien-Flora aggressiv zu machen. Also gegen Besiedler, die normalerweise nützliche Aufgaben im Organismus erfüllen.

Im Vergleich wäre das so ähnlich, wie die generelle Ausweisung aller Staatsbürger mit albanischer Herkunft. Mit dem Argument, dass Albaner eben überdurchschnittlich oft an Diebstählen und Bank-Überfällen beteiligt wären.

Die Pneumokokken-Impfung führt zu einer verstärkten Alarmierung und Gewalt-Bereitschaft des Immunsystems. Sein Aggressions-Potenzial steigt - sowohl gegenüber „Feinden“ von außen wie von innen. Jede Gewaltaktion hat aber ein gewisses Risiko, dass es sich um Fehlalarm handelt - und auf Grund von Irrtümern, Fehlinformationen oder schlichtem Zufall die falschen „Feinde“ attackiert werden und ein gewaltiger Kollateralschaden entsteht.
Und dadurch ergibt sich - übersetzt in den konkreten medizinischen Zusammenhang - die Gefahr einer Chronifizierung - in Form einer Autoimmunkrankheit oder einer Allergie.

Wir sollten diesen Verdacht besser nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn jemand in einem aussichtslosen Stadium einer Krebserkrankung ist, so ist es nachvollziehbar, wenn Arzt und Patient gemeinsam eine Therapie wählen, die selbst ein hohes Risiko darstellt.

Bei Eingriffen an Gesunden - und dabei handelt es sich bei Impfungen im Normalfall - müssen aber immer und ausnahmslos die strengsten Vorsichts-Maßnahmen gelten.
Und jedem Verdacht ist unvoreingenommen nachzugehen. Alle potenziell negativen Effekte sind dem möglichen Nutzen objektiv gegenüber zu stellen.

Wir können es uns nicht leisten, hier großzügig zu sein, uns ins Faulbett zu legen und das beste zu hoffen. Das wäre ein nicht Wahrnehmen der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und eine fahrlässige Gefährdung der Gesundheit der Kinder.

Immerhin befinden wir uns inmitten einer bislang überhaupt nicht verstandenen explosionsartigen Zunahme von Krankheiten des Immunsystems: Bei kindlichem Asthma oder Neurodermitis haben sich im Vergleich zur Situation in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Fallzahlen dramatisch erhöht. Autoimmune Diabetes nimmt ebenso stark zu, wie entzündliche Darmerkrankungen. Und auch bei ADHS, dem immer häufiger beobachteten "Zappelphilipp-Syndrom" wird eine autoimmune Genese immer wahrscheinlicher.

Bevor man den positiven Effekt einer Maßnahme wie der Pneumokokken-Impfung als erwiesen ansehen kann, sind also noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Und erst wenn das erledigt ist, haben seriöse Impfexperten das moralische Anrecht, angesichts der himmelschreienden Ungerechtigkeit, die sich hier abspielt, in Tränen auszubrechen.

Der Ordnung halber bitte aber auch dann noch unter Offenlegung ihrer finanziellen und intellektuellen Interessenskonflikte.