Freitag, 31. Juli 2009

"Krone" wirbt für Impfaktion gegen Schweinegrippe

Gestern widmete sich die "Kronen Zeitung" wieder mal der Gesundheit. "3 Stiche schützen" lautete die Hauptbotschaft des Artikels im Blattinneren. Denn "spätestens im Herbst drohen zwei Grippewellen gemeinsam aufzutreten", die normale saisonale Grippe und die Schweinegrippe. "Gegen beide können und sollten wir uns mittels Impfungen schützen."

Der derart umworbene Leser erhält vom „Sozialmediziner Prof. Dr. Kunze“ gleich die beruhigende Versicherung, dass sich die beiden Impfungen "sehr gut miteinander vertragen." Worauf dieser Erfahrungswert beruht, wird nicht verraten. Zumal es dazu auch noch keine konkreten Untersuchungen gibt, wird es wohl die Intuition des Professors sein. Nach einer mir vorliegenden Presse-Erklärung von Baxter werden "Ende Juli, Angang August" gerade mal die ersten Impfstoff-Dosen fertig. Einen Impfstoff, der in Österreich erst in diesen Tagen einlangt und der noch nicht einmal zugelassen ist, von dem wird es wohl schwerlich bereits Daten zur Verträglichkeit einer Kombination mit anderen Impfstoffen geben.
Es ist demnach auch nicht möglich, jetzt gleich zum nächsten Impfarzt zu laufen und sich schon mal einen oder zwei Stiche verpassen zu lassen. Die Krone geht auf diesen kleinen Wermutstropfen kurz ein: Der Impfstoff gegen die Neue Grippe, heißt es, "ist vorläufig zwar in nicht sehr großen Mengen vorhanden," das macht aber nichts, denn "Österreich ist dennoch gut gerüstet, weil ein Vertrag mit der Firma Baxter besteht."

Der Generaldirektor für Öffentliche Gesundheit, Hubert Hrabcik, geht im Krone-Interview davon aus, dass insgesamt 16 Mio. Impfstoff-Dosen bei Baxter bezogen werden. Das wären zwei Dosen pro Einwohner und eine 100 prozentige Durchimpfungsrate. Für diese tolle Vorsorge-Leistung überschlägt er Kosten von 100 Mio. Euro – doch Krone-Leser, keine Angst: „die Kosten werden von den Krankenversicherungen übernommen“.

Autor des Artikels ist Dr. Wolfgang Exel, der langjährige "Chefarzt" der Krone und Leiter des Gesundheits-Resorts. Er ist über die im Besitz seiner Familie stehende "Pract-Consult Gesundheitsmedien-Beratung GmbH" auch Minderheiten-Gesellschafter der "Ärztekrone Verlagsgesellschaft". Die anderen Anteile liegen bei zwei Privatstiftungen, die Beteiligungen im Bereich der Pharma-PR halten, sowie beim Mediaprint-Verlag, der zu 70 Prozent dem "Krone-Verlag" gehört.
Bereits seit längerem ergibt sich durch diese Konstellation eine recht offene Kooperationsbasis zwischen Kronen-Zeitung und Werbebotschaften der pharmazeutischen Industrie. Wer in der „Ärztekrone Verlagsgesellschaft“ Anzeigen schaltet, hat gar keine schlechten Chancen, dass sich dies auch auf freundliche Berichterstattung im - bezogen auf die Verkaufsauflage der Kronen Zeitung in Österreich - mächtigsten Boulevard-Medium der Welt auswirkt.

Auch im aktuellen Artikel strecken ein Apotheker und eine freundlich lächelnde Blondine das rezeptpflichtige Arzneimittel Tamiflu, sowie eine Grippeschutzmaske dem Fotografen entgegen. "Die Grippesaison rückt näher - Tamiflu und Masken sind der Renner", lautet der zugehörige Bildtext im typischen Krone-Stil. Herrscht doch hier seit langem die Gewissheit, dass man eine Tatsache nur behaupten muss, damit sie in der Folge auch tatsächlich wahr wird.

Wie hat sich die Schweinegrippe in Österreich nun in der Realität entwickelt? Innerhalb der letzten zwei Wochen stieg die Zahl der Betroffenen von 60 auf 140. Die meisten brachten die Viren vom Urlaub – vor allem aus Mallorca – mit und landeten dann in Österreich flugs in eigenen Isolierzimmern im Spital. Dort langweilten sie sich zwei bis drei Tage und wurden dann wieder nach Hause geschickt. Bislang sind keine ernsten Verläufe bekannt geworden.
In den USA, wo bislang die konkretesten Erfahrungen mit der „neuen Grippe“ bestehen, weiß man, dass deren Komplikationsrate nur bei einem Viertel der normalen saisonalen Grippe liegt. Gesundheits-Minister Stöger kündigte an, dass ab der nächsten Woche „keine grundsätzliche Hospitalisierung mehr“ vorgesehen ist. „Denn das machen wir bei der normalen Grippe ja auch nicht.“

Bis zum Herbst werden wir - ungeachtet der realen Bedrohung - dennoch mit einem Feuerwerk fantasievoller Medienarbeit zur Schweinegrippe beglückt werden. Dafür sorgt schon die über das langjährige Zusammenspiel bei der „Zecken-Impfung“ wie frisch geschmiert laufende Achse zwischen Krone und Baxter.
Ich bin schon gespannt, wann der Druck der Krone als so groß empfunden wird, dass im Gesundheits-Ministerium tatsächlich die ersten Impfstoffe in größeren Mengen geordert werden.

Bislang existiert mit Baxter nur ein Vorvertrag - der noch zu Zeiten der Vogelgrippe-Hysterie abgeschlossen wurde und erst „abberufen“ werden muss. Und allein dieser Vorvertrag hat in den letzten Jahren schon 30 Mio. Euro gekostet. Wenn hier - laut Hrabcik - noch ein Bonus von 100 Mio. Euro auf Kosten der Steuerzahler möglich ist, wird sich die Kampagnen-erfahrene Krone verlässlich in die Riemen werfen.
So viel ist sicher.

2 Kommentare:

  1. Mir wird fast täglich schlecht,wenn ich Tageszeitungen aufschlage und all den Mist lese der genau dorthin zielt,womit die Pharmaindustrie sich eine goldene Nase verdient-der Angst.Es ist alles eine einzige Lüge,aber anscheinend ist das so ziemlich allen Medien egal.Nachdem man auf Tamiflu bei der Vogelgrippe sitzen geblieben ist,wird es nun wieder mal unters Volk gebracht.Interessant ,dass man das schon vor einem Jahr wusste.
    Im Prospekt der Firma CHUGAI Pharmaceutical CO.,LTD wird im März 2008 über Tamiflu geschrieben.
    Wir erwarten uns für 2009 eine Steigerung des Gesamtumsatzes um 22,4% und dass die Verkäufe
    von Tamiflu um 531 % !!! steigen werden.Interessant,dass man das 1 Jahr vorher schon gewußt hat.
    Bisher wurden mit Tamiflu 666 Billionen Dollar verdient

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